Corona-Krise als Belastung: Einfacherer Zugang zu Psychotherapie
Kanzleramtsministerin Susanne Raab hat ein Paket für seelische Gesundheit und Alltagsbewältigung während der Corona-Krise in Österreich vorgestellt.
Demnach sollen Personen, für die die Coronavirus-Krise eine außergewöhnliche Belastung darstellt, künftig auf verstärkte telefonische Beratung und einfacheren Zugang zur Psychotherapie zurückgreifen können.
Paket für seelische Gesundheit
Gemeinsam mit den Krankenkassen ÖGK, SVS und BVAEB sowie dem Bundesverband für Psychotherapie, hat die Ministerin ein Paket für seelische Gesundheit und Alltagsbewältigung in der Krise geschnürt. „Eine Ausnahmesituation wie jetzt kann negative Folgen für die seelische Gesundheit haben. Deshalb haben wir für alle Menschen, die Unterstützung benötigen, ein Gesamtpaket geschnürt“, so Raab in einem Statement gegenüber der APA. Genauere Informationen zu dem Paket sind unter oesterreich.gv.at abrufbar. Auf der Seite werden Tipps für den Alltag in der Krise gegeben. Etwa, wie man den Alltag strukturieren kann. Experten erklären zudem, wie man mit seelischem Stress umgeht.
Telefonische Beratungsangebote stehen kostenlos und rund um die Uhr zur Verfügung. Bei den Hotlines gab es seit Beginn der Coronakrise übrigens 30 Prozent mehr Anrufe. Der Berufsverband für Psychotherapie hat deswegen zusätzliche Hotlines in allen Bundesländern eingerichtet. Die Psychotherapie Helpline 0720 12 00 12 bietet übrigens täglich von 8 bis 22 Uhr kostenfreie Hilfe.
Corona-Krise als Belastung der psychischen Gesundheit
Die Corona-Krise betrifft viele Aspekte unseres Lebens. Freiheiten, die wir bisher als selbstverständlich angesehen haben, sind nun teilweise ausgesetzt. Unsere sozialen Kontakte sind eingeschränkt. Viele Menschen haben zudem bereits ihren Job verloren. „Der Verlust des erlebten Freiheitsgefühls, das Gefühl der Einsamkeit, die wirtschaftliche Bedrohung oder die Existenzängste: Die Krise bedeutet viel Stress für die Menschen“, erklärt Gesundheitspsychologin Caroline Erb. Daher sei es besonders wichtig, dass man eine professionelle Ansprechperson hat.
Zudem sei es laut der Psychologin wichtig, Gewissheit und Klarheit zu haben, um sich auf eine Situation einstellen zu können. Gerade das ist in Zeiten der Corona-Krise aber besonders schwer, denn wie die Zukunft aussieht, können momentan noch nicht mal Experten sagen. „Derzeit freut man sich wohl schon über die schrittweisen Lockerungen und die Tatsache, dass zumindest bald wieder ein Ansatz an Normalität da sein kann“, erklärt Erb. Österreich befindet sich momentan in einer Phase des langsamen Wiederhochfahrens der Wirtschaft.
Gefühl einer gewissen Sicherheit ist wichtig
So verkündete die Regierung vor Kurzem, dass die Geschäfte mit 1. Mai wieder öffnen können. Der Unterricht an den Schulen sowie der Betrieb in der Gastronomie soll mit 15. Mai langsam wieder hochgefahren werden. Ein Lichtblick für die Menschen. Dennoch sind Großveranstaltungen noch den ganzen Sommer über verboten. Auch Auslandsreisen werden nach jetzigem Stand wohl eher nicht möglich sein. Wichtig sei es laut Erb, zu wissen, was man zu erwarten hat: „Wichtig ist, dass man das Gefühl einer gewissen Sicherheit hat und einer gewissen Berechenbarkeit. Denn dann kann man danach handeln und planen.“
Auswirkungen des Lockdowns in Italien
Die psychischen Folgeschäden der Ausgangsbeschränkungen sind in Italien mittlerweile deutlich. Sechs Wochen nach Anfang des Lockdowns zeigt eine Studie des nationalen Rats der italienischen Psychologenkammer, dass 72 Prozent der Bevölkerung ausgeprägt unter der Krise leiden. Am stärksten trifft es demnach Frauen zwischen 35 und 55.
Angststörungen führen übrigens die Liste der Beschwerden mit 42 Prozent an, ganz offensichtlich die Angst um die eigene Gesundheit , um das Überleben und um Angehörige. Zurzeit klagen außerdem 24 Prozent der befragten Italiener an Schlafstörungen, normalerweise sind es 7 Prozent. Depressionen, die vorher zu 6,9 Prozent vorkamen, und im Europa vor der Pandemie die zweitwichtigste Krankheit nach Herz-Kreislaufbeschwerden darstellten, sind in Italien auf 18 Prozent angestiegen und schlagartig die bedeutsamste Störung jenseits von Covid geworden.
In Italien denkt die Regierung derzeit über Lockerungen der Corona-Maßnahmen nach. Dazu möchte sie aber vorher prüfen, wie stark die Bevölkerung nach eineinhalb Monaten Quarantäne unter den einschränkenden Maßnahmen leidet und wie lange sie diese noch aushalten kann, berichtete die Tageszeitung „Corriere della Sera“.