So kann der Eingriff in die Natur eine Pandemie begünstigen
Die Quelle des neuartigen Coronavirus sind vermutlich Fledermäuse. Doch ohne den Einfluss des Menschen wäre die Pandemie wohl gar nicht erst entstanden.
Denn die Umweltzerstörung und der Kontakt mit Wildtieren begünstigt das Auftreten und die Ausbreitung von Krankheiten wie COVID-19 beim Menschen.
Fledermäuse sind Reservoirtiere
“Fledermäuse sind sogenannte Reservoirtiere für das Coronavirus. Das heißt sie tragen Krankheitserreger zwar in sich, aber zeigen selbst keinerlei Krankheitssymptome. Die Fledermäuse beherbergen diese Viren lediglich und scheiden diese auch aus“, erklärt Norbert Nowotny. Er ist Virologe an der Veterinärmedizinischen Universität in Wien. Fledermäuse tragen das Virus zwar in sich, erkranken jedoch nicht. Direkt auf den Menschen übertragen sie es übrigens auch nicht. Dafür braucht es nämlich einen Zwischenwirt.
Wildtiere als Zwischenwirt
Dieser Zwischenwirt ist meistens ein weiteres Wildtier. Im Fall des Coronavirus soll ein Schuppentier, auch Pangolin genannt, Schuld an der Übertragung auf den Menschen sein. Das Schuppentier gilt in China übrigens als Delikatesse. Zudem werden den Schuppen magische Kräfte zugeschrieben. Mittlerweile sind die Tiere sogar vom Aussterben bedroht. Doch das Eindringen des Menschen in die Natur hat noch weitere negative Auswirkungen: „Wenn der Mensch in den Lebensraum von Wildtieren eindringt, fördert das natürlich die Ausbildung von Zoonosen“, erklärt Virologe Nowotny. Zoonosen: Das sind von Tier zu Mensch übertragbare Infektionskrankheiten.
Das betrifft nicht nur den Lebensraum von Schuppentieren. Der Virologe ergänzt: „Für den landwirtschaftlichen Anbau ist der Mensch immer mehr in den Lebensraum von und so auch in Kontakt mit wildlebenden Tieren gekommen.“ Dieser nähere Kontakt begünstige dann das Überspringen von Viren auf den Menschen.
Geringe Biodiversität begünstigt Pandemie
Erreger wie Viren sind zwar ein natürlicher Bestandteil von Ökosystemen. Immerhin sind Tiere und Menschen ständig in Kontakt mit ihnen. Sie mutieren auch stets und lösen schon immer Erkrankungen aus. Aber sie breiten sich in intakten Lebensräumen nicht so flächendeckend aus. In stark gestörten Ökosystemen mit geringer Biodiversität allerdings wird eine Epidemie und in weiterer Folge auch eine Pandemie wahrscheinlich. Die meisten zoonotischen Viruserkrankungen wie etwa auch Ebola oder SARS kommen von Wildtieren. Umgekehrt können Menschen auch Wildtiere mit etwaigen Viren infizieren, beispielsweise mit Masern. Diese verlaufen beim Menschenaffen übrigens meist tödlich.
Sind gestresste Fledermäuse Schuld an der Coronavirus-Pandemie?
Forscher der University of Berkely wollen übrigens einen Zusammenhang zwischen der Coronavirus-Pandemie und gestressten Fledermäusen hergestellt haben. Ihre These: Wenn eine Fledermaus gestresst sei, schwächt das ihr Immunsystem. Infektionen könnten sich dadurch vermehren und ausgeschieden werden. Andrew Cunningham, Professor für Wildtier Epidemiologie der Zoologischen Gesellschaft London vergleicht das im Interview mit CNN mit den Herpesviren beim Menschen: “Wenn Menschen, die den Herpesvirus in sich tragen, Stress haben, wird ihr Immunsystem schwächer und sie entwickeln eine Fieberblase auf ihren Lippen. So drückt sich das Virus aus. Es kommt zum Vorschein.”
Das gestresste Tiere Epidemien und in Folge auch Pandemien begünstigen, glaubt Virologe Norbert Nowotny allerdings nicht. „Die Fledermäuse scheiden die Viren mit ihrem Kot aus. Dieser Kot gelangt auf andere Tiere. Wenn dann eine empfängliche Tierart dabei ist, dann kann es zu einer Infektion kommen. Von diesem Zwischenwirten kann sich das Virus auf den Menschen übertragen“, erklärt er und ergänzt: „Das passiert, egal ob die Tiere gestresst sind oder nicht.“ Dass der Eingriff des Menschen in die Natur die Ausbreitung von Viren begünstige, sei aber aufgrund des vermehrten Kontakts mit Wildtieren klar.
Wie hätte man die Ausbreitung des Coronavirus verhindern können?
Der Eingriff des Menschen in die Natur und die Haltung von Tieren wirkt sich also auch auf die Ausbreitung von Viren aus. Die Coronavirus-Pandemie soll, wie auch schon bei der SARS-Pandemie, von einem Lebendtiermarkt in China ausgegangen sein. Auch Nowotny sieht diese Lebendtiermärkte als bedeutendes Sprungbrett für Zoonosen: „Die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus hätte verhindert werden können, indem die chinesischen Behörden diese Märkte nach dem ersten SARS-Ausbruch ein für alle Mal geschlossen hätten.“ Er hofft, dass man diesen Fehler in China nicht noch einmal macht.