Coronavirus in Ischgl: Von der Tiroler Skihütte nach ganz Europa
Ischgl in Tirol: Skiort, Partymeile und Seuchen-Hotspot – die Quarantäne erfolgte zu spät. Das Coronavirus verbreitet sich nun durch internationale Touristen in ganz Europa.
Wunderschöne Pisten, traumhaftes Wetter und tolle Hüttenstimmung – dafür werben Skigebiete im österreichischen Bundesland Tirol. In Zeiten des Coronavirus sind Apres-Ski-Parties und volle Gondeln jedoch eine große Gefahr.
Im beliebten Skiort Ischgl wurde diese Gefahr rücksichtslos unterschätzt, denn von hier aus sollen sich nach neuestem Erkenntnisstand hunderte wenn nicht sogar tausende Personen mit dem neuartigen Corona-Virus infiziert haben. Warum ist das passiert?
Coronavirus: Ski-Spaß wird zum Albtraum
Schon als die ersten Fälle mit Ischgl-Bezug auftauchten, erkannten die Behörden vor Ort die Gefahr nicht – Hotel- und Restaurantbetreiber wollten keine Geschäftseinbußen hinnehmen – der Ski-Spaß ging einfach weiter.
Island hatte Ischgl jedoch bereits am 5. März zum Gefahrengebiet erklärt und gewarnt. Isländische Urlaubsgäste mussten sich in eine 14-tägige Heimquarantäne begeben, wenn sie zurück kehrten. Offenbar hatte man vor Ort aber entschieden, das Wochenende noch „mitzunehmen“. Mit gravierenden Folgen.
Barkeeper aus dem Kitzloch war „Patient 0“
Bei dem Ischgler „Patienten 0“ handelt es sich um einen Barkeeper. Er arbeitete im so genannten „Kitzloch„. Bereits am 9. März wird über weitere Erkrankte berichtet, die sich dort angesteckt hätten. Von daher hätte es nahe gelegen, die Apres-Ski-Bar – und auch die anderen in dem relativ kleinen Ort – sofort zu sperren. Das ist aber nicht geschehen. Im Gegenteil: Die Parties gingen feucht-fröhlich weiter!
Die Folgen sind erschreckend: So ist beispielsweise jeder zweite infizierte Norweger – über 1000 haben dort das Virus – in Österreich angesteckt worden.
Das ganze mögliche Ausmaß wird erst bewusst, wenn man sich die Urlauberzahlen ansieht: Alle Berg- und Liftanlagen der Silvretta Arena befördern in der Hochsaison rund 96.533 Personen pro Stunde (!). Ischgl gilt heute als Beispiel für Massen- und Eventtourismus im Après-Ski und Norweger sind verglichen mit Deutschen, Italienern oder Niederländern eine sehr kleine Gruppe von Touristen. Der Tiroler Skiort wurde also zur tragischen „Drehscheibe des Virus“ für ganz Europa.
Zunächst redeten die örtlichen Behörden die Lage auch noch klein, sprachen davon, dass eine Ansteckung von Personen in Tiroler Skiorten „sehr unwahrscheinlich“ sei. Zu spät wurde die gesamte Region von der österreichischen Bundesregierung unter Quarantäne gestellt.
Ischgl-Urlauber müssen in Corona-Quarantäne
Die österreichische Regierung fordert nun alle Menschen, die sich seit 28. Februar in Ischgl aufgehalten haben, dringend auf, sich in häusliche Selbstisolation zu begeben. Alle, die Kontakt mit Personen hatten, die in diesen Regionen waren, sollten sich ebenfalls selbst isolieren. Das gilt auch, wenn derzeit keine Symptome spürbar sind.
Deutschlands Bundesgesundheitsminister Jens Spahn ruft ebenfalls Reiserückkehrer aus Österreich zu einer zweiwöchigen Selbstisolation auf. “Wenn Sie innerhalb der letzten 14 Tage in Italien, in der Schweiz oder in Österreich waren: Vermeiden Sie unnötige Kontakte und bleiben Sie zwei Wochen zu Hause – unabhängig davon, ob Sie Symptome haben oder nicht”, schrieb Spahn auf Twitter.