Jamie Dornan im Interview
Dornan ist hartnäckig. Er wollte immer schauspielern, seine Model-Karriere für Marken wie Dior oder Hugo Boss war bloß eine lukrative Ablenkung. Von einem klischeehaften Wäscheständer ist er weit entfernt: Er trinkt viel, spielt gerne Rugby, mag Manchester United, hört The Kinks, liest Oscar Wilde und flucht wie ein Weltmeister.
„Ich hab mich nie zufrieden und glücklich gefühlt, wenn ich nur dastehe und jemand ein Foto von mir schießt“, sagt er. Aber warum hat er es gemacht? „Es würde einen sehr, sehr dummen Mann brauchen, um die Angebote, die ich erhalten habe, abzulehnen. Du bist gerade mal zwischen 20 und 30, und Menschen bieten dir eine absurde Menge an Geld, damit du dich gegen eine Wand lehnst und nachdenklich auf den Boden schaust. Scheiße, das muss man doch machen!“
Sein erster Auftritt als Schauspieler war eine kleine Rolle in Marie Antoinette, er spielte ein Gspusi von Kirsten Dunst, darauf folgten zahlreiche erfolglose Vorsprechen. „Und ich meine wirklich verdammte Hunderte. Einige davon waren völlig demütigende Erfahrungen“, sagt er. „Die Menschen bleiben viel zu sehr daran hängen, dass du Model bist. Damit werde ich mich immer herumschlagen müssen. Du bist ein Schauspieler, der ein Model war und nie ausgebildet wurde. Da gibt es nicht viele Regisseure, die Schlange stehen.“
Letztes Jahr hatte er aber Glück: Er sprach für eine Rolle als Polizist in The Fall vor, als ihn jemand aufhielt, um ihn für die Rolle des Paul Spector zu casten – einen Mörder. Nach einer „wirklich brutalen“ sechsstündigen Session bekam er den Job. „Ich war erschüttert und verwirrt, vor allem aber hatte ich Angst!„, erinnert er sich. „Ich war so hungrig danach, endlich zu zeigen, dass ich das kann – aber das war so verrückt!“
Nach Jahren voller Ablehnung und Vorsprechen für kleine „Scheißrollen“ war das sein Durchbruch. „Ich glaube, dass ich mir das verdammt noch mal verdient habe. Ich habe mir meinen Arsch abgearbeitet für diese Rolle!“
Und dann ging es weiter, von einem kranken Mann zum nächsten: der männlichen Hauptrolle in Fifty Shades of Grey, Sam Taylor-Johnsons Adaption von E. L. James‘ Erotikroman, der höhere Verkaufszahlen als Harry Potter erlangte und Hausfrauen auf der ganzen Welt heißmachte. Dakota Johnson wird Anastasia Steele spielen – die schüchterne, jungfräuliche Studentin, die ihr sexuelles Erwachen im „roten Zimmer des Schmerzes“ von Christian Grey erfährt.
„Ich habe nie das Gefühl gehabt, dass Christian eine Art Ungeheuer sein muss“, sagte er vor dieser Rolle. „Ich habe tatsächlich keine Angst. Ich habe beim Testdreh schon einen Einblick in die Arbeit mit Sam bekommen, Dakota habe ich auch getroffen. Also konnte ich mir ungefähr vorstellen, wie es ablaufen würde, wenn ich die Rolle bekomme. Nichts davon hat mir Angst gemacht.“
Und egal, ob Fifty Shades of Grey ein Bombenerfolg oder eine riesengroße Enttäuschung wird – die Veröffentlichung wird ohne Zweifel sein Leben verändern. Die Vorbereitung aufs Showbiz hat er zudem längst hinter sich: Er war auf vielen Werbetafeln nackt zu sehen und mit Keira Knightley, die er vor einem Jahrzehnt gedatet hat, am Red Carpet unterwegs. „Es ist eine komische Umgebung, man wird gejagt und verfolgt. Es ist abscheulich. Die verdammte Hölle! Und die Paparazzi sind Schwachköpfe. Ich könnte nicht weniger Respekt für diese Kerle haben.“
Es hilft ihm aber auch, dass er viele Freunde hat, die ihn über WhatsApp mit peinlichen Massen-SMS an all seine Kumpels am Boden der Tatsachen halten. „Einer meiner Freunde hat gesagt, ‚Ich habe von Fifty Shades of Grey gehört. Glückwunsch zur Rolle. Das wird bestimmt ekelhaft, das schau ich mir sicher nicht an!'“
Der Rest der Welt vermutlich schon.