47 Tiere aus Zoo im Gazastreifen befreit
Zwei Männer tragen eine junge Löwin, hieven sie auf ihre Schultern und legen sie dann zu Boden. Das Tier vertraut den Männern offensichtlich und wehrt sich nicht allzu sehr, als ihr Beine und Maul zusammengebunden werden. Mittlerweile liegt sie auf einem hölzernen Tisch. Neben ihr ein Mann mit einer Gartenschere, der ihr gleich ohne Betäubung die Krallen stutzen wird. Sie jault mehrmals lautstark auf, doch die Männer lassen sich nicht von ihrem Vorhaben abbringen. Der jungen Löwin werden die Krallen entfernt, damit Besucher des Zoos, in dem sie wohnt, ohne Gefahr mit ihr „spielen“ und dabei Fotos machen können. In einem Zoo im Gazastreifen wurden Tiere Jahre lang gequält. Das hat jetzt ein Ende. In ihrem bisher größten Einsatz hat die Tierschutzorganisation Vier Pfoten am vergangenen Sonntag 47 Tiere aus dem Zoo befreit. Darunter Löwen, eine Hyäne, mehrere Affen, Wölfe, Stachelschweine, Katzen, Hunde, Emus, Strauße und Eichhörnchen, die unter furchtbaren Bedingungen in Rafah gehalten wurden.
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Rafah Zoo: fast 50 Tiere vegetierten vor sich hin
Zugetragen hat sich der Vorfall im ältesten Zoo Gazas, nur wenige Kilometer entfernt von der ägyptischen Grenze. Als 2004 der Zoo zu einem Großteil durch Bombenangriffe dem Boden gleich gemacht wurde, ließ der Besitzer Fathy Jomaa die getöteten Tiere ausstopfen und ausstellen. In den vergangenen Monaten starben vier neugeborene Löwenbabys aufgrund mangelnder Pflege und schlechter Wetterlage, ein Affe wurde von einem anderen getötet und ein Stachelschwein erlag aufgrund unbekannter Ursachen in Gazas ältestem Zoo. Der Besitzer weist die Schuld für das Tierleid von sich: die Wirtschaftslage Gazas bzw. eine von Israel herbeigeführten Blockade der Küste hätten es nicht ermöglicht die Tiere ordentlich zu füttern und pflegen. Die Tierschutzorganisation Vier Pfoten nahm sich zu Beginn des Jahres der Lage an und rief dazu auf, sich an einer Unterschriftenaktion zu beteiligen, um die verwahrlosten Tiere zu befreien. Nach 150.000 gesammelten Unterschriften, dem Einwirken von diversen Behörden und monatelangen Verhandlungen ließ sich der Jomaa davon überzeugen, die Tiere an Vier Pfoten zu übergeben. Die für Ende März angesetzte Rettungsaktion musste aufgrund anhaltender Unruhen in Rafah nach hinten verschoben werden. Am vergangenen Sonntag konnten fast alle Tiere aus dem Zoo befreit werden, lediglich ein paar Vögel bleiben zurück. Die Löwen sollen von Gaza über Israel nach Jordanien und anschließend nach Südafrika gebracht werden, wo sie in einem Großkatzenrefugium untergebracht werden.
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Schlimme Zustände auch in Europa
Die Zustände des Rafah Zoos sind leider kein Einzelfall: ein Journalist besuchte im Zuge einer Recherche im albanischen Fier den „Safari Park Zoo“ und fand verwahrloste und unterernährte Tiere vor. In einem der rund um ein Restaurant erbauten Käfige musste auch eine dreibeinige Bärendame mit dem Namen Dushi leben. Auf Bestreben von Vier Pfoten konnte der Zoo im Oktober letzten Jahres geräumt werden, aber nicht alle Tiere konnten rechtzeitig gerettet werden: ein allein lebendes Zebra verstarb nach dem Transport in ein neues Gehege. Bei Tieren aus schlechten Haltungsbedingungen würden öfters Probleme bei Anästhesie und Transport auftreten, als bei Tieren aus artgerechter Tierhaltung.
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Wie artgerecht sind Zoos überhaupt?
Kritik an Zoos gibt es wahrscheinlich schon so lange, wie Zoos selbst. Artgerechte Haltung für Tiere sei nur die Freiheit, so Tierschützer. In den letzten Jahren wurden immer mehr Fälle von Tierleid in Zoos publik. In Zoos in Thailand werden Elefanten dazu genötigt, für Zuseher lustige „Tricks“ aufzuführen oder ein Orang-Utan Baby an einer Kette an den Boden gefesselt. Der Zoo in Buenos Aires musste 2016 geschlossen werden, weil dem Besitzer die Konzession entzogen wurde. In New York lebt eine Elefantendame mit dem Namen Happy seit über zehn Jahren alleine in ihrem Gehege. Für gewöhnlich, also in freier Wildbahn, leben Elefanten in Herden zusammen. Einziger Lichtblick: ein Gericht in New York hat der Elefantendame, die in den Siebzigern als Junges in Thailand gefangen wurde, die Habeas-Corpus- Anordnung zugestanden. Und diese Anordnung besagt, dass auch Happy Rechte hat.