10 Dinge, die man über Transgender wissen muss
Wenn wir an unsere Schulzeit zurückdenken, fallen uns gleich mal der verlegene Sexual-Aufklärungs-Unterricht unserer peinlich berührten Lehrer und ein paar schwammige Informationen zu Transgender und Homosexualität ein.
Was der Begriff Transgender bedeutet und vor allem was er alles umfasst, wurde und wird in den meisten Schulen jedoch immer noch nicht intensiv genug behandelt.
Aufklärungs-Unterricht 2.0
Da die sogenannte Trans-Identität jedoch ein Thema ist, das (zum Glück) immer präsenter wird, ist es höchste Zeit für ein bisschen Aufklärungs-Unterricht. Hierfür haben wir mit dem Leiter der Beratungsstelle Courage in Wien, Mag. Johannes Wahala, gesprochen – und dabei so einiges gelernt.
Diese 10 Dinge sollte jeder über Transgender wissen:
1. Der Begriff Transsexualität, der noch sehr oft im Zusammenhang mit der Transgender-Thematik verwendet wird, ist laut Wahala mittlerweile schon veraltert. Bei Transidentitäten gehe es, wie die Bezeichnung schon verrät, um viel mehr als um Sexualität – es geht um die Identität, um die individuelle Geschlechter-Wahrnehmung eines Menschen. Diese Identität anzuerkennen und betroffenen Menschen zu helfen, hat sich das Team der Beratungsstelle Courage (neben anderen Schwerpunkten) zur Aufgabe gemacht.
2. Transvestismus vs. Transgender: Transvestismus bezeichnet das Tragen von Kleidung des anderen Geschlechts, was auch mit sexueller Erregung verbunden sein kann. Transgender ist ein Begriff, der Abweichungen von sozialen Geschlechterrollen beziehungsweise den sozialen Geschlechtsmerkmalen bezeichnet – oder auch: das „Unbehagen einer Person aufgrund der psychischen Diskrepanz zwischen dem Geburtsgeschlecht und der wahrgenommenen Genderidentität“, so Wahala.
3. Toilett-Streit. Spricht man von Transgender kommt meist auch die Thematik des sogenannten Toiletten-Streits auf. Seit Jahrzehnten setzen sich Aktivisten dafür ein, dass in Schulen, Universitäten und Co eine zusätzliche geschlechtsneutrale Toilette zur Verfügung gestellt wird, bzw. dass Trans-Personen auf jene Toiletten gehen dürfen, die ihrer Geschlechtsidentität entsprechen. Wünschenswert wären zum Beispiel Toiletten für Männer und Frauen, sowie die Möglichkeit für eine Unisex-Toilette, meint Herr Wahala. „Da kann man ruhig auch ein bisschen kreativer sein“, fügt er hinzu.
4. Transgender in Deutschland und Österreich: „In Österreich findet man mitunter die liberalsten Behandlungs-Empfehlungen Europas“, erklärt Wahala. Und auch der Umgang mit Trans-Identitäten und der Akzeptanz in der Gesellschaft seien durchaus lobenswert. „Eine Person, die ‚transident fühlt‘, kann beispielsweise relativ leicht ihren Personenstand und Vornamen ändern – ebenso in Deutschland und Italien.“ Alles was es dafür braucht, ist eine trans-kundige Fachperson, die den Fall „absegnet“.
5. Irgendwann sollte eine Trans-Person ihr Wunschgeschlecht erreicht haben. Dann sollte man auch nicht mehr von Transgender, sondern von Mann oder Frau sprechen – oder, wenn sich eine Person keinem eindeutigen Geschlecht zuordnen möchte, von gender fluid oder multi gender.
6. Um eine Fehldiagnose bei Kindern zu vermeiden: Gender nonkonformes Verhalten, wenn sich also ein kleines Kind eine Zeit lang keinem Geschlecht zuordnen will, ist ganz normal und ändert sich oft noch vor der Pubertät. Erst wenn ein Kind über einen langen Zeitraum darauf besteht, mit einem anderen Geschlecht angesprochen zu werden und/oder ernstzunehmende Schwierigkeiten mit seiner Geschlechtsidentität kommuniziert, sollten Eltern eine Beratungsstelle aufsuchen. „Das jüngste Kind in unserer Beratungsstelle war 6 Jahre alt und zeigte eine deutliche ‚Gender-Dysphorie‘. Hier bestand auch die Gefahr, dass es sich am Geschlecht verletzt“, erzählt Wahala.
7. Nicht jede Trans-Person möchte einen operativen Eingriff, also ihr biologisches Geschlecht ändern. „Ich habe zum Beispiel eine Trans-Frau in der Beratung, die ihren Penis behalten will und sagt, ‚Das ist dann eben der Penis einer Frau‘„, erklärt Experte Wahala. Und auch viele junge Trans-Männer fühlen sich auch ohne Penis als Mann. So freunden sich Betroffene in vielen Fällen also auch mit ihrem biologischen Geschlecht an und sagen trotzdem: „Ich bin eine Frau/ein Mann“.
8. Die drei Kriterien, die vor einer Geschlechtsanpassung/ organmedizinischer Maßnahmen gegeben sein müssen: 1. Die Selbstdiagnose – also ob die betroffene Person mit Gewissheit sagen kann, dass DAS (das genannte Wunschgeschlecht) das Geschlecht ist, das ihrer Wahrnehmung entspricht. 2. „Real Life Experience„, also mindestens ein Outing vor dem engen Freundeskreis und/oder der Familie. 3. Ein positiver/realistischer Blick auf das Leben mit dem Wunschgeschlecht.
9. Geschlechtsanpassung von Mann zu Frau: Hier werden dem Körper im Rahmen der Hormon-Therapie Testosteron-Blocker und Östrogen zugefügt. Die Entfernung des Penis und die Umgestaltung zur Vagina ist mittlerweile ein sehr erfolgversprechender Eingriff. Durch die Hormone baut sich in vielen Fällen auch eine weibliche Brust auf. Hormon-Therapie und Geschlechtsanpassung werden in Österreich von der Kasse bezahlt, die Brust-Vergrößerung ist jedoch ein Fall für die Schönheitschirurgie und wird daher nicht finanziert.
10. Geschlechtsanpassung von Frau zu Mann: In diesem Fall wird dem Körper mit der Hormon-Therapie männliches Testosteron zugeführt. Dabei müssen sich die Betroffenen „vor allem auf eine enorm gesteigerte Libido einstellen“. Die Geschlechtsumwandlung von Frau zu Mann, also das Modellieren und Anbringen eines funktionsfähigen Penis ist natürlich um einiges komplizierter als im umgekehrten Fall und wurde bisher medizinisch noch nicht 100 % perfektioniert.