
Es ist schwierig, über den Charme dieser Stadt zu schreiben, ohne ins Schwärmen zu geraten. Es ist schwierig, überhaupt in Worte zu fassen, was einen sprachlos lässt und am schwierigsten ist es, diese portugiesische Stadt jemals wieder zu verlassen. Valerie kann davon ein paar Lieder singen, da sie schon einmal statt vier Monaten acht Monate dort blieb und eigentlich gar nie wieder zurück wollte.
Für Valerie ein Heimspiel, für Katharina komplettes Neuland. Die eine zeigt der anderen ihre Welt und beide tauchen ein in eine weitere Stadt, die wie keine andere auf dieser Welt ist.
Nachdem auch Valeries American Tourister-Koffer über einen kleinen Umweg den Weg von London nach Lissabon gefunden hatte und High Heels gegen Sneakers getauscht wurden, konnte es auch endlich losgehen. Was folgt, ist eine traumhaft kitschige Liebeserklärung an Lissabon; an das Essen und die Menschen – und eine Aufforderung, einfach dorthin zuziehen. Um diesen Artikel nicht völlig ausarten zu lassen, werden wir euch einfach ganz logisch begründen, warum man nach Lissabon ziehen muss, damit das hier objektiv und klar ersichtlich bleibt!
Eine Stadt auf sieben Hügeln erbaut – an einem wunderschönen Fluss namens Tejo – bietet Aussichten, bei denen einen die Spucke wegbleibt. Sogenannte Miradouros sind Terassen mit kleinen Cafés und großer Aussicht auf verwinkelte Straßen, Schiffe am Fluss, Plätze und die Christo Rei-Statue am anderen Flussufer. Sonnenuntergänge lassen sich hier mit mitgebrachten Portwein am besten bestaunen und sind ein absoluter visueller Orgasmus. Am besten man erobert die Stadt zu Fuß; falls die Treter mal zu müde werden für bergauf und bergab, bietet sich die Tram 28 als Touristenattraktion und praktisches Fortbewegungsmittel an. Die Straßenbahn gleicht einem Sightseeing-Bus – nur, dass sich diese Bahn authentisch durch kleine Gassen bimmelt und sich ächzend die Hügel hochzieht.
Bewegt man sich durch die kleinen Pflasterstein- und Fliesengassen wieder Richtung Downtown – oder auf portugiesisch „Baixa“ -, lädt einen die Flusspromenade zu genütlichen Spaziergängen inklusive Meerbrise ein. Der Fluss mündet hier ins Meer und manchmal verirren sich sogar Delfine in den gut besuchten Tejo. Ob man die unzähligen Angler oder Schiffe aller Art beobachtet, sich frisch gepressten portugiesischen Orangensaft gönnt oder einfach nur die Golden Gate Zwillings-Brücke bestaunt; die Uferpromenade ist zeitlos, lädt zum Verweilen ein und lässt einen das Meer spüren. Erwischt einen ein unverhoffter Motivationsschub, kann man hier solange geradeaus den Fluss entlanglaufen, bis man die berühmtesten Sehenswürdigkeiten von Lissabon entdeckt: Das Denkmal der Entdecker und den Torres de Belem. Beide Attraktionen erinnern an die alten Entdecker; Zeiten, als Portugals Schiffe von hier aus in den Atlantik stachen, um die Welt zu entdecken.
Eine europäische Stadt direkt am Meer und ein großes Bier um 70 Cent: Was kann es Besseres geben? Nicht viel, aber eines fällt uns verwöhnten Touristen noch ein… Ein bisschen Planschen und Brutzeln wäre bei 35 Grad im September schon eine „feine G’schicht“! Alles kein Problem, denn Lissabon hat Traumstrände im Umkreis von 20 Minuten im Angebot. Ob man die näher gelegenen Strände an der Küste besucht oder die Brücke überquert und sich auf der anderen Seite bräunt, Lissabon ist umzingelt von feinen Sandstränden. Als ob das nicht alles schon genug wäre, schenkt der Atlantik beste Wellen zum Surfen und macht Lissabon damit zu Europas Surf Hot-Spot.
RUND UM LISBOA
Erträgt man die unendliche Schönheit von Lissabon nicht mehr, kann man sich eine Portion „noch mehr schön“ bei Tagesausflügen rund um die Hauptstadt holen – Nachschlag quasi. Wir gönnten uns den zeitlosen Klassiker Sintra, eine kleine Stadt zirka eine Stunde von Lissabon entfernt. Hier gibt es ein Schloss, das seinesgleichen sucht. Es erinnert einen an eine Art Disneyland für Schloss-Begeisterte. Kleine Türmchen, verschnörkelte Poseidon-Statuen, mächtige, verzierte Torbögen, safrangelbe Fassaden, blaue Fliesen, zinnoberrote Wände – dieser „Color Crush“ ist an nichts zu überbieten. Nicht ganz so touristisch und nicht weniger zauberhaft ist das Anwesen Quinta da Regaleira. Die Gärten gleichen einem Labyrinth; unterirdisch gelangt man durch Tunnel in Geheimgänge und in verwunschene Türmchen. Statuen von Fantasiewesen stehen mystisch in den Parks und verstecken sich in den Gärten. Kleine palastartige Bauten scheinen mit der Natur verwachsen. Das Highlight unseres Besuchs ist eine Brunnen-Installation, die sich spiralförmig nach unten schlängelt und dort in einen der unterirdischen Tunnel mündet. Ganz großes Kino für Entdecker-Herzen und jeden Besuch wert!
Wird es langsam Abend und man macht sich auf den Weg zurück in die Stadt am Meer, ist es höchste Zeit, sich in Alfama zu verlaufen. Das älteste Viertel von Lissabon ist das verwinkelteste, romantischste Plätzchen auf dieser Erde. Nicht nur die kleinen Gassen und unzählige kleine versteckte Plätzchen, die vielen winzigen Restaurants, Fliesen-Fassaden und Straßenkunst an jeder Ecke zaubern Herzen in müde Entdeckeraugen. Der Geruch von frischem Fisch und die Gesänge von Fado, gepaart mit goldenem Abendlicht; spätestens hier überlegt man, welches Umzugs-Unternehmen einem das Hab und Gut so schnell wie möglich in die portugiesische Hauptstadt liefert. Fado klingt irgendwie fremd bis fad für dich? Lass dich überraschen. Fado ist nicht nur die portugiesische Art von Volksmusik, sondern besingt tiefste Sehnsucht, unglückliche Liebe sowie Träume und wurde 2011 sogar zum Weltkulturerbe gekürt. In Lissabons Altstadt Alfama hört man abends aus allen Ecken junge und alte Fado-Sänger, die auf Plätzen und Restaurants ihre Werke zum Besten geben und man kommt somit völlig kostenlos in den Genuss einer der schönsten Sehenswürdigkeiten von Lissabon – den Klängen von Fado.
Nicht nur abends rücken hier Einheimische und Touristen und junge und alte Menschen zusammen, trinken und singen gemeinsam und teilen ihr Essen, sondern die portugiesische Kultur als Ganzes ist pure Gastfreundschaft. Man ist immer willkommen, Freundschaften entstehen schnell und halten ewig, die Portugiesen sind ernst in ihren Wurzeln, aber ehrlich, freundlich und herzlich in ihrer Gastfreundschaft. Erschreckt man sich erst vor der portugiesischen Sprache, ist es doch erleichternd zu wissen, dass die meisten sehr gut Englisch sprechen.
Nachdem wir unsere Tage mit Besuchen bei Freunden und jeder Menge Sightseeing verbracht haben, wurde unser Bauchknurren langsam peinlich. Freunde besuchen ist schön und gut, aber Freunde mit einem Restaurant besuchen ist wohl ein absolutes Lifegoal. Die unersättliche Valerie gehört zu den glücklichen Freunden von Paolo, der eines der besten Fisch-Restaurants in Lissabon führt. Er ist nicht nur Fischer, sondern auch Koch für Solar 31, ein kleines Restaurant, das das frischste Seafood-Abenteuer auf den Teller bringt. Der Familienbetrieb ist ein Paradebeispiel für portugiesische Küche. Kocht man mit den feinsten Zutaten, ist weniger mehr – typisch für die portugiesische Küche setzt man auf Knoblauch und ein wenig Öl und einfache Gewürze, um den ursprünglichen Geschmack der Fischgerichte nicht zu verderben. Zum Dessert gibt’s eine weitere „Sehenswürdigkeit“ zum Essen – Pastel de Nata. Die süße kleine Nachspeise ist Nationalgericht und sollte rund um die Uhr konsumiert werden. Vanille-Creme im Blätterteig mit Zimt und Zucker: Das ist der Stoff, aus dem Träume entstehen. Auch, wenn man sie am besten warm genießt, haben wir uns sicherheitshalber ein Dutzend eingepackt, um den Flug nach Marrakesch zu überstehen.
Der Abschied war schwierig wie immer; mit vollem Bauch und vollem Herzen fällt uns das portugiesische Wort „SAUDADE“ wieder ein, das das tiefe Vermissen von etwas oder jemanden beschreibt. Wir vermissen Lissabon schon am Flughafen und kommen auf jeden Fall wieder … diesmal vielleicht gleich für immer.