
Wenn man in der Früh von Schafgeblöke aufgeweckt wird, es um 06:00 schon wieder hell ist und der Geruch von Regen in der Luft hängt, dann weiß man, dass ein neuer Sommertag ins (Is)Land zieht. Inmitten einer Farm in Island bauten wir unser Lager für die nächsten Tage auf und genossen erstmal die Aussicht auf jede Menge „freilaufende Wolle“. Unsere Unterkunft, ein wunderschönes kleines Häuschen im typisch nordischen Stil, war der perfekte Ausgangspunkt, um den wilden Westen zu erkunden.
Die Halbinsel Snaefellsnes bietet einen kleinen Auszug der unfassbaren Vielfältigkeit der Insel. Kleine Fischerdörfer, freundliche Kleinstädte, spektakuläre Bergwelten, Strände in allen Farben und Arten, Reliquien, die von den Einheimischen in alten Sagen wieder zum Leben erweckt werden – all das und mehr findet man hier. Nachdem die perfekte Route um die Halbinsel zusammen gestückelt war, führte uns unser erster Stopp nach Ytri Tunga, einem wunderschönen Strand – besiedelt von Robben. Da es wie aus Eimern schüttete und es anscheinend sogar den Robben zu nass war, beschlossen wir, weiter nach Búðakirkja zu fahren. (Keine Sorge: Wir können auch absolut keinen dieser Namen aussprechen und die meisten nicht mal schreiben, aber wir können euch versprechen, dass alles sehr leicht zu finden ist.) Dort erwartete uns eine sehr fotogene schwarze Kirche, die definitv einen kurzen Fotostopp wert ist.
Nachdem wir nach dem nur zweiminütigen Fotostopp nass wie frisch geduscht waren, steuerten wir weiter westlich den Fischerort Arnarstapi an. Beliebt bei Touristen gab es dort ein Kaffeehaus zum Unterschlupf, Tee in sich hineineinschlürfen und eine Toilette, um die waschelnassen Sachen über den Händetrockner zu trocknen. Sommer in Island eben! Viele starten von hier aus eine kleine, feine Wanderung entlang der Küste bis zum nächsten (noch kleineren) Ort Hellnar und werden mit reichlich schicker Aussicht belohnt. Da der Regen mittlerweile Dimensionen einer Flutwelle annahm, kämpften wir uns nur bis zum Gatklettur vor – ein oft besuchter Felsen, der durch jede Menge hartnäckiger Wellen und durch den Lauf der Zeit zum Bogen wurde. Natur ist gewaltig, und hier kann man dieses Phänemon ganz in Echt bestaunen.
Nachdem die Wanderung ins wortwörtliche Wasser fiel, wir nass bis auf die Knochen waren und „eh schon alles egal“ war, dachten wir uns, können wir auch gleich an den Strand fahren… Es ist ja schließlich trotzdem Sommer in Island! Den Black Beach Djúpalónssandur gibt es nur aufgrund eines Vulkanausbruches, bei dem tonnenweise Lava fast bis ans Meer floss. Der kurze Weg zum Strand lässt jedes Hobbit-Herz Freudensprünge machen. Alles wirkt unfassbar märchenhaft und jeder Fels scheint seine eigene Geschichte zu erzählen. Die Wracktrümmer eines gestrandeten Schifferbootes unterstreichen dieses sagenumwobene Gefühl nochmal doppelt und dreifach.
Weiter ging es nach Kirkjufell! Wir schauen uns Berge ja wirklich gerne an; noch lieber sind sie uns allerdings, wenn wir diese bereits in einer unserer Lieblingsserien bestaunen konnten. Ja, es geht um Game of Thrones und ja, natürlich schauen wir das, und ja, vielleicht haben wir gehofft, Jon Snow dort auf der Suche nach der toten Armee zu finden. Und nein – da war niemand, nur der Berg. Die Aussicht und das magische Gefühl haben sich trotzdem definitiv gelohnt.
Pitschnass und mit schrumpligen Fingern ging es noch schnell auf den Saxholl-Krater, bevor wir auf dem Heimweg versuchten, kein Schaf zu überfahren, aber dennoch so schnell wie möglich ins warme Bett zu kommen. Tourist zu sein ist manchmal wirklich verdammt harte Arbeit, vor allem, wenn das Wetter nicht mitspielt. Für alle zukünftigen Island-Fans: Verpackt euch so gut es geht wasserfest, aber macht euch schon mal auf ein Waschprogramm der Extravaganz gefasst! Und wartet nicht- es wird nicht besser, also Augen zu und durch!
Wir hoffen, wir haben es geschafft, euch literweise Regen detailliert zu beschreiben. Ihr könnt euch also eventuell vorstellen, wie perplex wir am nächsten Morgen mit unserem EMMI Caffè Latte auf der Terasse gesessen sind und uns über die schüchternen Annäherungsversuche einer Sonne gewundert haben. Da waren tatsächlich ein paar Strahlen, die es durch absolut regenfreie Wolken geschafft hatten! Fast euphorisch und kurz davor, die Ateia Sonnencreme wieder auszupacken, starteten wir Richtung Stykkishólmur. Versucht das bitte mal zehn Mal hintereinander ganz schnell auszusprechen und sagt uns dann, wie es euch dabei gegangen ist. Stykkishólmur ist ein wunderschönes Hafenstädtchen, das so viel Idylle inklusive purer Naturschönheit ausstrahlt, dass nicht mal Hollywood widerstehen konnte. Der neue Feel-Good-Movie über Walter Mitty wurde hier völlig zu Recht gedreht.
Nach einem Spaziergang durchs Dorf, bei dem jedes kleine Restaurant, jede bunte Fassade, jeder Winkel abfotografiert wurde, gingen wir spontan an Bord eines winzigen Nusschalen-ähnlichen Bootes, auf dem außer uns nur der Kapitän anzutreffen war. Da wir uns von Anfang an gut verstanden, zeigte er uns die Insel seiner Familie, außerdem bewohnt von Schafen und Vögeln. Dann suchten wir die Papageientaucher, die für Island so eine Art Wahrzeichen sind. Man erkennt sie daran, dass sie den Mund meistens voller Fisch haben und ansonsten ein bisschen wie geschminkte Pinguine aussehen. Man merkt, hier sind absolute Vogelbeobachter-Profis am Werk gewesen! Gefunden haben wir sie dank Hogir, unserem Kapitän, dann doch, obwohl die meisten von ihnen schon Richtung Süden weitergezogen sind.
Wir schipperten weiter raus aufs Meer und besuchten gerade eine Robbenkolonie, als plötzlich ein Wal auftauchte. Ein WAL! Unser Kaüitän nahm die Fährte auf und unsere Insel- und Vogel-Tour wurde schlagartig zum Whalewatching. Wir konnten tatsächlich eine ganze Zwergwal-Familie und jede Menge Delphine beobachten. Die Freude war groß und Hogir einfach großartig.
Da man von Stykkishólmur einfach nicht genug bekommen kann, spazierten wir zwei Mädels noch ganz romantisch bei Sonnenuntergang auf den kleinen grünen Hügel, auf dem ein malerisch kitschiger Leuchtturm thront. Von dort kann man nochmal die Aussicht auf die ganze Stadt, den kleinen Hafen und die bunten Häuschen genießen. Ein Städtchen, das uns für einen Tag ziemlich viel geboten hat, vor allem aber eine Portion Ruhe und eine ordentliche Dosis Frieden mit auf unserer Reise gegeben hat.
Völlig entspannt und todmüde ging es für uns zwei zurück auf die Schaffarm. Last but not least wollten wir unseren letzten Tag mit Wellness verbringen. Island kann man sich nämlich als gigantisches Outdoor-Spa vorstellen – kein bisschen künstlich und absolut kostenfrei! Die natürlichen heißen Quellen laden auch bei Nullgraden zum Planschen ein. Es blieb für uns also weiter nass in Island, nur dass wir diesmal fast ins Schwitzen kamen. Die erste Quelle, die wir besuchten, war so dermaßen heiß, dass wir bereits nach einer Minute knallrot und absolut durchgekocht waren. Die zweite war nicht ganz so erbarmungslos kochend und trotz ihrer beschaulichen Größe jeden Besuch wert! Trotz Regen und Schnee, Wind und Wetter, hatten wir in Island immer den Bikini, den wir von Firefly mit ins Gepäck bekommen haben, drunter. Das fühlt sich den ersten Tag eventuell etwas bizarr an, lohnt sich aber, da man bei fast jeder Autofahrt auf eine Quelle stößt. Genuss und Natur pur!
Wenn man einem Land nicht mal für jede Menge Sch…wetter, triefend nassen Klamotten und ständigen Erfrierungserscheinungen böse sein kann – dann muss es wirklich verdammt viel zu bieten haben! Und das hat Island defitiv. Die unverfälschte, rohe Schönheit des Landes trifft einen an jeder Ecke direkt ins Herz. Die Vielfältigkeit, die Geschichte, die liebenswerte Bevölkerung und die Natur geben einem dann den Rest und all das lässt einen eiskalte Füße, rinnende Nasen, rote Ohren fast gänzlich vergessen und ehrfürchtig staunen. Und vielleicht doch ein kleines bisschen an Elfen und Trolle glauben…